Samstag, 6. August 2016

fertilizer

Dann also ist Freitag. Wir haben verabredet, dass ich auf dem Weg von der Arbeit "fertilizer" zum Gießen besorge und um 16.30 Uhr in den Garten stelle. Leider bin ich zu spät und erreiche Arras auch nicht per Handy. Um 19 Uhr bin ich endlich zu Hause und mache mich auf dem Fahrrad mit dem "fertilizer" auf dem Gepäckträger auf in den Garten. Auf halbem Weg hole ich Dany, Warren und Arras ein, die das gleiche Ziel haben: den Garten.

Da ich ihnen nicht auf die schnelle erklären kann, wie sie den "fertilizer" anwenden sollen, komme ich noch mit und zeige ihnen, dass auf 5 Liter Wasser 1 Kappe des "fertilizers" kommt. Das kommt allen doch sehr wenig vor. Ich erkläre, dass der "fertilizer", der Dünger, sehr konzentriert ist, und da er auch mineralische Anteile hat, sollten sie vorsichtig sein, um die Pflanzen nicht zu überdüngen. Als ich weggehe, sehe ich noch aus dem Augenwinkel, dass eine zweite Kappe voll Dünger nachgekippt wird ...

Sonntag, 31. Juli 2016

Es wird Zeit. Im Garten sind wieder einige Arbeiten zu machen. Die Tomaten sind - wie die Kartoffelkäfer - noch immer meine Aufgabe, wenn es darum geht, alles zu tun, das sie Früchte ansetzen, gerade wachsen oder vor Braunfäule geschützt werden. Immerhin haben wir an die 30 Tomatenpflanzen, die bei uns ganz ohne Dach im Garten stehen. Da die letzten Tag das Wetter wechselhaft war, hatte ich schon geahnt, dass nun bald die ersten braunen Blätter auftauchen werden. Ich mache mich also dran und entferne noch mehr Blätter an der Basis der Pflanzen und lichte aus, in der Hoffnung, dass die Pflanzen schneller abtrocknen werden. Das eine oder andere braune Blatt entdecke ich schon. Na, mal sehen was das Wetter macht.

Seit Wochen schon liegen Saattüten für Erbsen und Buschbohne in unserer regendichten Tonne. Nun ist es schon zu spät dafür. Aber ich säe dennoch ein, so dass der offene Boden bei den Zucchini wenigstens irgendwann bedeckt ist und die Bohnen als Gründüngung fungieren, zumindest als solche, wenn sie keine Bohnen mehr ansetzen sollten. Bei den Speiseplatterbsen finde ich noch einen Platz für zwei Reihen Chinakohl und etwas Rucola und im Kohlbeet nehme ich die verwachsenen Kohlrabi heraus, so dass drei kurze Spinatreihen dabei herauskommen. Noch ist es eigentlich zu früh dafür, aber auch Spinat ist als Gründüngung sehr geeignet. Wenn es weiterhin so feucht bleibt, schießt er vielleicht auch nicht ganz so schnell.

Nach einem arbeitsreichen Sonntagnachmittag nehme ich noch Salat und Tomaten mit. Die großen Zucchini, ich kann sie nicht bewältigen und frage mich, warum denn niemand sonst erbarmen hat und sich ihrer annimmt.

Am Abend

Ich habe schon gegessen, da höre ich am offenen Fenster ein "Hallo". Es ist Rasak, der vorbeischaut. Er hat wohl gemerkt dass ich im Garten war. Mit dem Kohlbeet, das Dany, Warren und Arras auf der linken Seite angelegt haben, ist er nicht einverstanden und muß seinem Ärger Luft machen. Ich wundere mich. Er erklärt, das sei nicht abgesprochen mit den anderen und er und Hussein seien ziemlich sauer. Zumal die drei die Kartoffeln viel zu früh herausgenommen und nicht sorgfältig genug gegraben hätten, um alle Kartoffeln auszulesen. Ich sage, dass die drei neuen Mitnutzer mir gesagt hätten, dass er, Rasak, und sie, gemeinsam die Kartoffeln ausgegraben hätten, und dass sie die Bepflanzung mit Kohl mit Rasak abgestimmt hätten. "Nein" sagt Rasak "sie haben mir gesagt, du hättest gesagt, die Kartoffeln sind schlecht, müßten raus und da so viele Kohlpflanzen von dir da waren, hätten sie diese einpflanzen sollen." Ich sage Rasak, dass ich gesagt habe, dass diese Seite Kartoffen uns gehört und wir warten, bis die Kartoffeln abgereift sind.

Kurz und gut, da ist statt einer Einigung nun doch ein Mißverständnis entstanden, das, wie es sich anhört, einen großen Unmut hervorruft. Ich versuche Rasak dazu zu bringen, mit Dany, Warren und Arras selber zu reden. Für mich wäre das das normalst der Welt, denn schließlich sind sie es, die den Garten nutzen möchten. Aber das sieht er anders. Ich sei der Chef, ich muss für Ordnung sorgen und die Probleme lösen. Da ich tatsächlich eine vollkommen andere Absicht mit dem Garten verfolge, als eine Cheffin zu sein, die die Konflikte untereinander autoritär per Dekret löst, schaffe ich es zumindest, Rasak dazu zubringen, dass wir uns alle gemeinsam einmal treffen um die Gartenregeln festzulegen. Denn, das taucht im Gespräch um die Kartoffeln auf, es gibt noch andere Wünsche als den Gemüseanbau im Garten: Er soll schön sein, gepflegt und ein Ort für eine ruhige Stunde Freizeit ... Das aber sehen eben nicht alle so und der Gartentisch ist derzeit ein Abstellort für Pflanzen ...Auf Wunsch von Rasak werde ich also am Montag beim Nachbarschaftstreffen sein, um einen gemeinsamen Termin zu vereinbaren mit allen Nutzern. Wie soll ein Garten funktionieren, wenn wir nicht gemeinsam besprechen, wie wir ihn nutzen und pflegen wollen ...

Fein, denke ich später, jetzt kommen wir der Sache näher, oder besser, dem Zweck dieses Gartens: Kommunikation. Und es zeigt auch folgendes: Der Garten ist wichtig.


Dienstag, 2. August 2016

... meinen eigenen Vorurteilen aufgesessen?

Wer hat denn nun die Kartoffeln umgegraben? Und wem gehört das Kohlfeld auf der linken Seite?

Am nächsten Tag gehe ich in den Garten und rufe Arras an. Er möchte gerne, dass ich etwas besorge für die neu gepflanzten Kohlpflanzen. Aber ich verstehe leider nicht genau, worum es geht. Er macht sich also auf den Weg zu mir in den Garten. Es dauert eine Weile, dann weiß ich warum. Er kommt nicht alleine sondern mit den anderen beiden, Warren und Dany. Sie zeigen mir mit Gesten worum es geht und erklären auf Englisch, dass Sie Dünger brauchen, so verstehe ich, damit die Pflanzen rasch und schnell wachsen können.

"Oh" sage ich, "aber nicht in meinem Garten" ... "Das ist ein ökologisch bewitschafteter Garten. Hier gibt es keine Pestizide und keine minrealische Dünger". Arras guckt fast erschrocken. Ich zeige auf den großen Haufen Unkraut und Grünzeug, den wir aufgeschichtet haben, und der - offenbar nur für mich - ein Kompost ist. Ich erkläre "Dies hier wird alles wieder zu Erde und die ist voll von organisch gebundenen Mineralien, die sich die Pflanzen selber nach Bedarf aus dem Boden holen können, wenn der Kompost zurück auf die Beete gebracht wird." Die Blicke werden noch fragender - scheint mir zumindest. Ich merke, so geht es auch nicht. Ich willige also ein, dass ich losgehe und Flüssigdünger kaufe, bestehe aber drauf, dass Sie diesen selber bezahlen. Ich selber will ja keinen Minraldünger nutzen, weil er das Bodenleben abtötet und die Wüchsigkeit der Pflanzen sukzessive vermindert. Freitag werde ich den Flüssigdünger in den Garten stellen.

Und so waren wir denn auch schon im Gespäch und ich frage: "Warum habt Ihr denn die andere Seite des Kartoffelfeldes auch umgegraben? Das ist doch die Seite von Hussein und Rasak?" Ohne abzuwarten ergänze ich, dass auch ich mindestens 10 Stunden Arbeit in diese Kartoffeln gesteckt habe, um die furchtbaren Käfer abzusammeln und Unkraut zu jäten .....und nun seien die Kartoffeln weg und nicht einmal alle ausgegraben ... und dazu noch viel zu früh, so dass sie gar nicht abreifen konnten.

Dann hole ich Luft und Warren erklärt, und ich höre endlich zu , dass das so abgesprochen war zwischen Hussein und Rasak und ihnen, das alle klar ist, ganz ohne Streit. Ich frage noch einmal nach und er bestätigt mir: "Die beiden anderen Gartennutzer sind einverstanden, wir haben das besprochen, Roduan und Hussein waren da, und wir haben die Kartoffeln gemeinsam herausgeholt. Einige von den Kartoffeln haben wir mitgenommen, den Rest die anderen beiden."

"Whow, ich glaubs nicht." Aber ich bin wirklich erleichtert, dass sie die Fläche in Absprache mit Hussein und Rasak bestellt haben.


So bleibt an dem Abend auch Zeit, dass Arras und ich uns noch über den Versuch, Tomaten auszusäen, austauschen. Betrübt erzählt er mir, dass das nicht gelungen ist. Er sagt, die Kartoffelkäfer hätten die Keimlinge aufgefressen. Ich bin echt erstaunt, aber er überzeugt micht, denn er zeigt mir, dass die Käfer nun auf unseren Tomaten sitzen und die Triebe anknabbern. Schade!  Ich hätte gerne gesehen, wie Arras die Tomaten weiter kultiviert.

Als ich dann beim Ausgeizen bin schaut er interessiert zu und fragt, was ich mache. Ich sage, das ich die überzähligen Triebe, die in den Blattachseln hervorkommen, herausbreche, damit die Pflanze genug Kraft hat für die Früchte. Er sagt, so mache er das auch.

Tomaten wachsen in Afrika, in Deutschland und wo auch immer eben am ertragreichsten, wenn man ausgeizt! Das sind geteilte Erfahrungen - über tausende Kilometer Entfernung hinweg.

Erst nachdem ich schon zu Hause bin denke ich: "Mensch, da warst du dir aber sehr sicher, dass die Afrikaner sich einfach ohne zu fragen das Land genommen haben ...und nun ist es ganz anders...."

Als wir uns am Freitag Abend treffen, um den Flüssigdünger auszubringen, entschuldige ich mich: "Sorry, I think I have to excuse me. I really thought you took the part of the garden whithout asking anyone of us ..."