Donnerstag, 26. Mai 2016

Erster Tag ohne "Übersetzer"

Unerwartetes Wiedersehen im Garten

 

Donnerstag, 17.30 Uhr. Ich schaffe es gerade rechtzeitig, um wie verabredet in den Garten zu gehen. Verabredet bin ich mit allerdings nur mit einer Nachbarin, die Ihren Garten weiter unterhalb am Weg hat, und der ich meine Heckenschere geliehen habe. Als ich zu Fuß vom Parkplatz in den Gartenweg einbiege, höre ich Stimmen. "Kann das sein?" denke ich. Wir sind nicht verabredet, aber Donnerstag ist mein angekündigter Gartentag. Und als ich losfuhr hatte ich doch ein wenig Hoffnung, heute auch wieder einen von unseren neuen Nachbarn im Garten zu treffen. "Ja, die Stimmen kommen aus unserem Garten!"

Pflanzenzeitmessung 

 

Am Samstag vor fast einer Woche war ich nachmittags alleine im Garten. Es war sehr warm und die kleinen Pflanzen, die ich eingepflanzt hatte, hatten kaum noch genug Wasser um bis zum nächsten Morgen durchzustehen. Da ich lange nicht mit meinen Gartenfreunden im Garten war, hatte ich mir insgeheim gewünscht, sie an diesem Tag einmal wieder zu sehen. So waren es wieder einmal die Dinge, die sich verändert hatten, an denen ist hatte feststellen können, dass Menschen weiter gewirkt hatten: Die letzte zu beackernde Fläche in unserem Garten war fast fertig umgegraben!

Und heute nun treffe ich endlich Hussein wieder. Wir umarmen uns herzlich als wir uns sehen. So viel Zeit ist seit unserer letzten Begegnung schon wieder vergangen. In Pflanzeneitmessung so viel Zeit, dass die vorher noch nicht sichtbaren Kartoffeln nun mittlerweile 15 bis 20 cm aus dem Boden schauen. Am Samstag noch  hatten mich meine freundlichen und herzlichen Nachbarn auf einen Kaffee zu sich eingeladen und mir berichtet, dass auch in meiner Abwesenheit kräftig gebuddelt wird und der Garten immer wieder von unseren neuen Nachbarn in Syrien genutzt wird - manchmal zum Gärtnern, manchmal zu Grillen




Vielen Dank für die Gemüsepflanzen, Laura! 

 

Und heute nun treffe ich Hussein 1, Hussein 2 und Amar, der an unserem ersten Tag im Garten kräftig mit umgegraben hatte. Zu dritt stehen Sie am Beet und pflanzen die Gemüsepflanzen ein, die wir von Laura aus dem alt Rathaus geschenkt bekommen haben: Tomaten und Zucchini. Ich stelle gleich noch Paprika dazu, Lauchpflänzchen und die Kürbisse, die ich noch nicht untergebracht hatte, laufe noch einmal nach Hause und hole weitere Tomaten. Sie freuen sich und in Windeseile sind auch diese Pflanzen alle auf dem Gartenstück eingepflanzt.

Alle wirken mit 

Als meine Gartennachbarin herüberschau, kommen wir ins Gespräch, und kurz darauf wandern neue Pflanzen über den Zaun, die natürlich ebenfalls sofort eingegraben werden müssen. Denn: Es ist bestes Wetter. Nach der langen Trockenheit der letzten Wochen hat es endlich geregnet, der Boden ist feucht und, wie beim Lehm immer der Fall, viel lockerer als in der Trockenheit. Meine Nachbarin wirft vorsichtig ein Bund Akeleipflanzchen herüber. Hussein 2 hebt sie auf. Ich bemerke, dass er sie eigentlich gar nicht mir überlassen möchte. Also zeige ich ihm die Stelle, wo sie ihren Platz finden sollen und frage ihn, ob er sie eingraben möchte. Ja, so ist es! Und auch die Ringelblumen, die wir an die Kante zum Rasen setzen, überlasse ich ihm.

Dann gibt es eine kleine Pause und auf dem Smartphone wird arabische Musik gesucht, die nun im Hintergrund läuft. Hussein 2 singt immer wieder einmal fröhlich mit. Ich reiche Husein 2 zwei Töpfe mit Minze zum Schnuppern herüber, marokkanische und jordanische Minze, die ich in Peckatel erworben habe. Ja, als er die marokkanische Minze riecht klärt sich sein Gesicht und er nennt mir den arabischen namen fü Minze, was war es doch gleich "Rihan"? Und ich zeige ihm die schon eingesetzte Pfefferminze zwischen den Paprika und Lauchpflanzen. Alle drei wollen die Minze mit ins Gemüsebeet setzen. Also hat sie nun dort einen Platz am zaun, an dem sie sich durchaus auch ausbreiten darf.

Ich habe tatsächlich genug Material, um meinen Mitgärtnern immer wieder etwas zum Pflanzen oder Säen anzubieten. Dann ruft mich Hussein 2 und will mir etwas zeigen. Er weist auf den Garten des Nachbarn und ich erkenne Erdebeeren. Auch hierfür hätte ich eigentlich den arabischen Namen verstehen und behalten müssen. (Ob das umgekehrt genauso schwierig ist, die deutschen Worte zu behalten? Der Klang des arabischen Sprache ist mir so fremd) und ich verstehe, dass nicht nur er, sondern auch die anderen gerne Erdbeeren pflanzen möchten. "Toll" denke ich "So können wir die wild eingewanderten Erdbeeren an der Grenze zu meiner Nachbarin umsiedeln. Damit wird Platz für das geplante Kräuterbeet an dieser Stelle frei", Und so geschieht es. Halil 2 und Achmed nehmen das gemeinsam in die Hand. Und schließlich stehen 2 schöne Reihen Erdbeeren auf der Beetfläche vor marokkanischer und jordanischer Minze.

Der erste Tag ohne  "Übersetzer" 

 

Dann ist Feierabend. Alle wollen morgen noch einmal wieder kommen und weiterarbeiten. Ich hatte derweil schon die Saaten herausgesucht, die noch im Garten Platz finden könnten. Zwei der Gemüse konnte ich durch eine Zeichnung in den Sand darstellen um zu vermitteln, was sich in den Tütchen befindet. Als es dann um den Grünkohl geht, ist dieses Medium der Kommunikation am Ende. Zum Glück gibts ja den Google Übersetzer in Husseins Smartphone. Ich tippe das deutsche Wort ein und darunter erscheint die arabische Übersetzung. Einfach Klasse! Auch "Rote Beete" und "Borretsch" übersetzen Google für uns auf diese Weise. Schließlich packen wir die Tütchen mit der Saat wieder in den wasserdichten Behälter, in dem auch die Handschuhe immer trocken aufbewahrt werden, und machen uns auf den Weg nach Hause. An der Ecke verabschiede ich mich. Ich sage, dass ich Freitag, morgen, nicht dabei sein werde und wir verstehen uns. Wir verabreden uns, uns am Montag Abend wieder zu sehen, am alten Rathaus. Am 30 Mai vor einem Jahr kamen die ersten neuen Nachbarn in unsere Stadt. Wir sind alle eingeladen dies mit Freunden und einem Grillfest gemeinsam zu feiern.
Davor hatte ich immer ein bischen "Muffensausen": Das war mein erster Tag mit den neuen Nachbarn im Garten ohne Rasak, der bisher immer alles für mich vom Französischen ins Arabisch übersetzt hat. "Geht doch!" denke ich.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen